verzeihen heißt, einen gefangenen zu befreien und zu entdecken,
dass man selbst der gefangene war.“ | Lewis B. Smedes
In vielen Therapiemethoden ist das Thema Vergebung nicht heilsrelevant. Ich persönlich sehe das anders, denn ich habe ganz andere Erfahrungen
damit gemacht. Gerade dann, wenn eine Situation völlig festgefahren in meinem Leben war, konnte ich durch Verzeihen oder um Verzeihung bitten, die langersehnte
Wende einleiten. Das Thema eigene Schuld wird in den meisten Therapieansätzen leider gar nicht behandelt. Dabei ist gerade sie es, die uns auf
vielen Ebenen in unserem Leben total blockiert und mit der Zeit auch krank macht. All meine Erkenntnisse meiner Erfahrungen habe ich auch meinen Klienten so
weitergegeben, wie ich es selbst erfolgreich angewendet habe. Wer dem Weg der Vergebung gewissenhaft und ausdauernd gefolgt ist, kann seine heilsame Wirkung sicher
bestätigen. Dies haben mir zahlreiche Rückmeldungen meiner Klienten immer wieder gezeigt. Denn was wir nicht loslassen können, das lässt uns nicht los. Viele offene Konflikte
begleiten manche Menschen bis aufs Sterbelager und verunmöglichen einen sanften und heilsamen Abschied und ein gutes Weiterkommen in der jenseitigen Wirklichkeit.
Ein Grund, Vergebung nicht in die Therapie miteinzubinden ist sicher, dass sie oft falsch verstanden wird. Vergebung bedeutet nicht, dass durch sie alles Geschehene relativiert
wird und dadurch weiterhin Grenzüberschreitungen zugelassen werden müssen. Ganz im Gegenteil. Vergebung befreit in erster Linie denjenigen, der sie in seinem tiefsten Herzen
fühlt und sie ausspricht. Sie schenkt aber auch dem Täter die Möglichkeit sich selbst zu reflektieren und seinen Teil der Verantwortung zu übernehmen, wenn er dazu bereit ist. Vergebung
lässt den Raum frei für gesunde Grenzen, die oft weiterhin nötig und richtig sind. Denn offene Schuld, sei es die Eigene oder Übernommene, kettet uns an das oder die «Opfer» und
verhindert es ein freies, glückliches und autonomes Leben zu führen.
Vor Vergebung erfolgt immer eine ausführliche Reflexion mit sich selbst über das Geschehene. Meine Erfahrung ist, dass es zugleich hilfreich und heilsam ist, dass «Kind» direkt
beim Namen zu nennen. Ohne Beschönigung und Zurückhaltung, dorthin, wo es wirklich hingehört. Wie oft projizieren wir nämlich alte ungeheilte Konflikte auf unser nächstes Umfeld und lassen diese
immer und immer wieder Revue passieren, ohne dass das Gegenüber direkt damit in Verbindung steht. Ich wähle dazu den Weg des Schreibens und des bewussten Aussprechens. Denn durch das geschriebene
Wort, werden wir sofort «Handlungsfähig», wir können das geschehene besser kanalisieren und analysieren. Durch das Schreiben und bewusste Aussprechen im geschützten Rahmen,
lernen wir unserem Schmerz und unserem Groll Ausdruck zu verleihen, statt ihn wie sonst in Dauerschleife in unserem Gemüt zu bewegen, über andere herzuziehen oder ihn wegzudrücken, nur
damit man es nicht mehr fühlen muss.
Vergebung kann oft erst geschenkt werden, wenn man sich auch seiner Eigenanteile in der Konfliktsituation bewusst geworden ist. Das kann sich je nach Thema als leichter oder schwieriger gestalten. Nicht selten braucht es für ein Geschehen auch ein höheres Verständnis über spirituelle Zusammenhänge, damit man begreifen kann, warum einem gerade dies passiert ist. Auch bei eigener Schuld, reicht es oft nicht, nur die «Absolution» des Geschädigten zu erhalten. Gerade dann, wenn weiterhin starke Schuldgfühle an uns nagen, benötigen wir sie auch von Gott. Manchmal kann eine Beichte Erleichterung bringen. Diese muss nicht zwingend von einem Priester abgenommen werden, auch ein dafür offener Therapeut, Seelsorger oder enger Vertrauter kann diesen Liebesdienst übernehmen. Denn Vergebung und Versöhnung kann jeder persönlich von Gott erfahren, der sich von ganzem Herzen danach sehnt und Ihn darum bittet. Jeden Moment.
Wie ich dich auf deinem Weg der Vergebung unterstützen kann